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Kreativitätstechniken als Unterstützer auf neuen Wegen

Der kreative Prozess - wenn der Lösungsweg unbekannt ist ...

Jeder kreative und innovativer Prozess ist zugleich ein Problemlösungsprozess, unabhängig von dem Sachbereich, auf den er bezogen wir. Nach Torrance ist er " ... ein Prozess der Formgebung von Ideeen und Hypothesen, des Testens dieser Ideen und der Kommunikation der Resultate". Dieser Prozess wird durch ein vielfältiges Geflecht intellektueller Fähigkeiten, kreativer Persönlichkeitsfaktoren, geeigneter Umweltgestaltung sowie durch ausgeprägte (Selbst-)Motivation unterstützt. Die moderne Kreativitätsforschung geht davon aus, dass jeder Mensch seine kreativen Fähigkeiten durch sogenannte Kreativitätstechniken trainieren kann.

Ich arbeite dabei mit dem Fünf-Phasen-Modell des kreativen Prozesses:

1. Problemwahrnehmung

Wenn ein Individuum ein bestimmtes Ziel errreichen will aber noch nicht weiß, wie es dieses Ziel erreichen soll, weil es nicht auf bekannte Verfahren, Vorgehensweisen, Lösungswege oder Rezepte zurückgreifen kann, dann entsteht ein Problem. Problem sind - so gesehen - Aufgaben, für die kein Lösungsweg zur Verfügung seht. Aber: Wird eine Problemsituation von einem Individuum als solche erkannt? Merkt es überhaupt, dass es vor einem Hindernis steht? An dieser Stelle des Problemlösungsprozesses gilt es, die Wahrnehmung zu sensibilisieren und ein Prolembewusstsein zu entwickeln.

2. Problemformulierung

"Ein Problem ist halb gelöst, wenn es klar formuliert ist." (John Dewey). Hier geht es also darum, sehr genau zu hinterfragen, welche Art von Problemstellung vorliegt. Und ob diese zur entwicklung von Ideen und Einfällen geeignet ist. Wenn dies nicht der Fall ist, wie etwa bei der Frage, ob Vegetarier im Vergleich zu Fleischessern bessere Menschen seien, dann muss die Problemformulierung entsprechend verändert werden, da es sich hierbei um normative / ethische Problemstellungen handelt. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist, sich Fragen zu überlegen, die mit dieser Formulierung beginnen: "Wie kann man erreichen, dass ...?"

3. Ideenfindung

Dieser Abschnitt des kreativen Problemlösungsprozesses beinhaltet die Produktion von möglichst vielen Ideen, wobei vorerst keinerlei Bewertung (Prinzip der verzögerten Bewertung) vorgenommen wird und wobei das Problem aus seiner üblichen Betrachtungsweise herausgelöst werden soll (Prinzip der Verfremdung). Hier geht es um Masse statt Klasse. In dieser Phase kommen die Kreativitätstechniken (Heuristiken) zum Einsatz: Sie dienen dazu, mehr oder weniger strukturiert eine Vielfalt von Vorschlägen, Einfällen, Ideen und Ergebnissen zu produzieren und quer zu denken. Hier dürfen Sie ungehindert herumspinnen.

4. Ideenbewertung (Evaluation)

Auf dem Weg zur angemessenen Problemlösung findet an dieser Stelle eine Auswahl unter den vorliegenden Ideen statt: Je nach dem, inwiefern die Lösungsvorschläge geeignet sind beziehungsweise den vorher festgelegten Bewertungskriterien entsprechen, werden diepassenden Einfälle herausgefiltert. Dieser abschnitt des Problemlösungsprozesses ist äußerst wichtig und sollte stets einer sehr genauen Prüfung unterzogen werden, denn auch hier können geniale Iden daran scheitern, dass sie nicht richtig präsentiert oder verstanden wurden.

5. Ideenrealisation

In dieser abschließenden Phase des kreativen Problemlösungsprozesses geht es darum, neue Ideen umzusetzen. Viele Ideen sind nicht unmittelbar einsatzfähig - auch die Anwendung will erprobt werden. "Der kreative Prozess endet nicht mit einer Idee - er beginnt mit ihr!" (John Arnold). An dieser Stelle brauchen Sie ein passendes Selbst- und Projektmanagement.

Heute wird zwischen dem Begriff "Kreativität" und "Innovation" unterschieden: In dem Moment, in dem originelle Ideen in die Praxis eingeführt werden und sich zu bewähren haben, spricht man von "Innovation".

Zwei Arten von Kreativitätstechniken - Experimentieren mit Herz und Verstand ...

Grundsätzlich unterscheide ich als Psychologin zwischen verhaltens- und prozessbezogenen Kreativitätstechniken.

1. Verhaltenbezogene Kreativitätstechniken

Diese Techniken unterstützen die Entwicklung der gesamten kreativen Persönlichkeit und beschäftigen sich unter anderem mit Einstellungen, Wertvorstellungen, Wissen, Anpassungsbereitschaft, Leistungsdenken, Motivation sowie persönlichen Eigenschaften (Fähigkeiten) des kreativen Individuums. Am bekanntesten etwa sind die Vermeidung von Killerphrasen wie "Das geht nicht!", "Das klappt sowieso nicht!", "Das will der Kunde nicht!" oder "Das wird viel zu teuer!". Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken kommen insbesondere im Coaching und Selbstcoaching zum Einsatz, da sie auf längerfristige Verhaltensänderungen und "innere Arbeit" abzielen.

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken können jedoch auch bewusst im Projektmanagement und im Managementtraining eingesetzt werden, um Mitarbeiter auf der konstruktiven Kommunikationsebene untereinander zu schulen und langfristig zu einer kreativen Unternehmenskultur zu führen.

Zusammenstellung von verhaltensbezogenen Kreativitätstechniken von A - Z

Hier finden Sie, alphabetisch geordnet, eine Auswahl der oben beschriebenen persönlichkeitsfördernden Verfahren, die den ganzen Menschen umfassen und nicht nur auf sein Denken zielen. Schauen Sie sich diese gerne einmal in Ruhe an und probieren Sie diese auch bei Gelegenheit in Eigenregie aus.

Von A wie Alltagsspiele bis D wie Detektivarbeit:

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von A - D

Von E wie Ent-Täuschung bis H wie Helfende Freunde:

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von E - H

Von I wie Ideen-Ping-Pong bis L wie Lieblingsblockierung

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von I - L

Von M wie Medienentzug bis P wie Positive Charakterzüge als Kind

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von M - P

Von Q wie Quellenverzeichnis bis T wie Tugendfalle

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von Q - T

Von U wie Ungewöhnliche Verhaltensweisen bis Z wie Zensor

Verhaltensbezogene Kreativitätstechniken von U - Z

 

2. Prozessbezogene Kreativitätstechniken

Diese beziehen sich auf den oben dargestellten kreativen Prozess mit seinen 5 Phasen und  werden vorwiegend in den Phasen der Problemwahrnehmung, der Problemformulierung und in der Ideenfindung eingesetzt. Manche Autoren nennen Techniken, die in den übrigen beiden Phasen - also der Ideenbewertung und der Ideenrealisation - eingesetzt werden, ebenfalls "Kreativitätstechniken", obwohl sie im strengen Sinn eher Strukturierungshilfen darstellen und sich für das konkrete Projektmanagement eignen, nicht aber auf die Proguktion neuer origineller Ideen ausgerichtet sind.

Psychologisch unterscheide ich drei Untergruppen von prozessbezogenen Verfahren, die von einer eher spielerischen Vorgehensweisen über impulsgebende Verfahren bis zu systematisch ausgerichteten gedanklichen Arbeitstechniken reichen:

  • Freie gestalterische Kreativitätstechniken
  • Intuitiv-phantasieanregende Kreativitätstechniken
  • Analytisch-logische Kreativitätstechniken

2.1. Freie gestalterische Kreativitätstechniken - Spielen mit allen Sinnen

Diese Techniken stärken kurzfristig die persönlichen Voraussetzungen der Kreativität des Individuums. Geübt wird offenes, spontanes, spielerisches und flexibles Produzieren vo Ideen. Ziel ist es, eingefahrene Denkweisen verlassen zu können, wobei Experimentierfreude, Bereitschaft zur interdisziplinären Kommunikation und das Spiel mit Gedanken, Informationen und Objekten die Ausgangsbasis bilden. Hier wird durch freie gestalterische Übungen mit kreativem Material der Phantasie viel Raum gegeben und das spielerische (divergente) Denken ausprobiert, ohne dass damit eine konkrete Aufgabe zu lösen ist. Diese Techniken eignen sich besonders für die erste Phase des des kreativen Problemlösungsprozesses, da sie die Wahrnehmung des Menschen sensibilisiert und dazu beitragen kann, aus dem Alltagstrott und aus den Routinehandlungen heraus zu kommen. Sie können als warming-up für eine Kreativ-Sitzung verwendet werden oder auch während eines länger dauernden Kreativ-Workshops eingesetzt werden, um einen ganzheitlichen Zugang zur Auseinandersetzung mit einem zu lösenden Problem zu bekommen. Darüber hinaus eignen sich diese Arbeitstechniken als Einstiegstechniken für das Erlernen künstlerischer und kreativer Berufe im Sinne eines allgemeinen Kreativitätstrainigs.

Beispiele: Übungen und Spiele zur Sensibilisierung der Wahrnehmung, Arbeit mit musischen Material (Farbe, Form, Klang, Bewegung etc.), Collagen, Kombinatorik, Improvisationen.

2.2. Intuitiv-phantasieanregende Kreativitätstechniken - Schöpfen aus dem Ungewussten

Diese Verfahren stellen die kreativen Techniken im engeren Sinne dar und werden vorwiegend in der Phase der Ideenfindung eingesetzt. Sie bauen auf spontanen Einfällen und dem Spielerischen (Divergenten) Denken auf. Allem zugrunde liegt die von Siegmund Freud entwickelte Technik der freien Assoziation. Diese Basistechnik aktiviert nicht nur unbewusste und verdrängte Erlebnisse, sondern produziert auch neuartige Ideen und Gedankenverknüpfungen. Das Alltagsbewusstsein weiß normalerweise nichts von diesen Ideen, weil sie auch konfliktreich und ungewöhnlich sein können. Ungeachtet ihrer gedanklichen Querverbindungen, Logik, Nützlichkeit, Umsetzbarkeit, Realitätsnähe oder -ferne, und moralischen Wertung werden intuitiv Lösungen gefunden, die als gesamter Ansatz oder als Teillösung verwendet werden können. Diese Verfahren verzichten auf eine vorausgegangene logische Analyse. Sie werden gerne für Kreativ-Teams, für Teamentwicklung, für das Einzel-Coaching oder die Existenzgründerneratung verwendet.

Beispiele: Assoziations-Techniken (z.B. Brainstorming, Methode 635), Mapping-Techniken (z.B. Moderationsmethode, Mindmapping), Systematische Variation (z.B. Sechs-Farben-Denken nach Edward de Bono), Analogie-Techniken (z.B. Klassische Synektik, Bionik), Zufallsanregung (z.B. Lexikon-Methode, Bildkarteien)

2.3. Analytisch-logische Kreativitätstechniken - Einsatz des scharfen Verstandes

Hier wird das zu lösende Problem in weitgehend selbstständige Teilprobleme gesplittet, wobei die Teilprobleme vorwiegend mit herkömmlichen Lösungswegen bearbeitet werden, die aus der Erfahrung und dem wissen der Problemlöser stammen. Dieser Vorgang schließt jedoch neue originelle, parallele Lösungen nicht aus. Diese Methoden generieren Lösungen vorwiegend durch systematische Vorgehensweisen, wobei sich diese auch immer wieder mit Techniken der freien Assoziation mischen können. Die Gesamtlösung entsteht dann durch die Kombination aller gefundener Teillösungen. Diese Arbeitstechniken werden gerne im Projektmanagement komplexer Aufgaben verwendet sowie im Rahmen von Teamtagen.

Beispiele: Morphologische Matrix, Osborns Checkliste, Attribute Listing, Funktions-Analyse.

Zusammenstellung von prozessbezogenen Kreativitätstechniken von A - Z

Hier finden Sie, alphabetisch zusammengestellt, eine Auswahl der oben beschriebenen prozessbezogenen Kreativitätstechniken. Schauen Sie sich diese gerne einmal in Ruhe an und probieren Sie diese auch einmal bei Gelegenheit aus.

Von A wie ABC-Liste bis D wie Droodles

Prozessbezogene Kreativitätstechniken von A - D

Von E wie Einpunkt-Abfrage bis H wie Heuristische Umformulierung

Prozessbezogene Kreativitätstechniken von E - H

Von I wie Ideenmosaik bis L wie Litfass-Säule

Prozessbezogene Kreativitätstechnuken von I - L

Von M wie Maskenbau bis P wie Problemstrukturierung

Prozessbezogene Kreativitätstechniken von M - P

Von Q bis Querulanten-Vereinigung bis T wie Triggertechnik

Prozessbezogene Kreativitätstechniken von Q - T

Von U wie Umfrage  bis Z wie Zukunftswerstatt

Prozessbezogene Kreativitätstechniken von U - Z

 

 

 

Bei Interesse lesen Sie gerne eines meiner Bücher oder probieren Sie eine oben auf meiner Website dargestellte Kreativitätstechnik aus. Viel Vergnügen!

 

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